SA | 8.12.
Elena Esposito: „Was (ver)binden die Bonds? Das Eigentum an der Zukunft und die Verantwortung für die Gegenwart“, anschließend Gespräch mit dem Ökonom und Soziologen Michael Hutter
Schulden werden stets mit Schuld in Verbindung gebracht. Traditionell waren aber nicht die Schuldner/innen schuldig, sondern diejenigen, die einen Profit daraus ziehen, etwas zu verkaufen, was ihnen nicht gehört: Zeit. Heute hat sich die Lage verschoben und die Schuld wird nicht den GläubigerInnen zugeschrieben, sondern denjenigen, die sich verschulden – vielleicht unverantwortlicherweise. Bonds operieren mit dem Faktor Zeit, genauer gesagt mit der Zukunft. Sie nutzen die Zukunft in der Gegenwart, in der Hoffnung, eine reichere Zukunft zu generieren, die es ermöglicht, die Schulden zurückzuzahlen. Das Problem dabei – wie die Finanzkrise gezeigt hat – ist der Zirkelschluss. Wenn wir die Zukunft verplanen, verfügen wir über etwas, das zwar noch nicht existiert, aber von unserem gegenwärtigen Verhalten abhängt; dieses weicht oft genug von unseren Erwartungen und Berechnungen ab.
Elena Esposito lehrt Kommunikationssoziologie an der Universität Modena und Reggio Emilia. 2011 veröffentlichte sie „The Future of Futures. The Time of Money in Financing and Society“.
SA | 8.12., 15.30 – 16 h LESUNG
Aris Fioretos: „Die halbe Sonne“
Was schulden wir unseren Eltern, was dem Staat? Aris Fioretos erzählt die Geschichte (s)eines griechischen Vaters rückwärts: vom Tod auf der Pflegestation über das Leben eines Auslandsgriechen bis zurück in die Zeit als junger Mann.
Aris Fioretos ist schwedischer Schriftsteller und Übersetzer griechisch-österreichischer Herkunft. „Die halbe Sonne“ erscheint Ende Januar 2013 beim Carl Hanser Verlag.
SA | 8.12. 16 – 16.45 H VORTRAG
Sigrid Weigel: „Konversionen zwischen Schuld und Schulden“
Sigrid Weigel diskutiert den symbolischen Tausch zwischen Schuld und Schulden, vor allem in Bezug auf das kulturelle Gedächtnis in Deutschland seit 1945. Ausgangspunkt ist die Konversion von Schuld in Schulden im Nachkriegsdiskurs. Von dort aus kommen das „verschuldete“ Verhältnis der 68er zum Geld und die Verquickung von Geld und Schuld im Generationendiskurs und in der Eurokrise zur Sprache.
Sigrid Weigel ist Direktorin des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung, Vorsitzende der Geisteswissenschaftlichen Zentren Berlin und Professorin am Institut für Philosophie, Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte der Technischen Universität Berlin.
SA | 8.12. 16.45 – 17.30 h GESPRÄCH
Aris Fioretos & Sigrid Weigel
SA | 8.12. 18 – 19 h PRAXISGESPRÄCH
Ralph Bollmann (Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung), Michael Freund (Standard), Ulrike Herrmann (taz – die tageszeitung), Holger Zschäpitz (Welt & Welt am Sonntag): „Krisenjournalismus“
Die Debatten um Schuld und Schulden werden durch die Berichterstattung in verschiedenen Ländern und Medien nicht nur aufgegriffen, sondern auch beeinflusst und verschärft. Was für eine Rolle spielt Journalismus in ökonomischen und sozialen Krisenzeiten? Worin liegt seine Verantwortung? Wie wird geeigneter Druck auf Politik und Finanzmärkte ausgeübt – und die Verringerung politischer Handlungsfähigkeit vermieden? In einem „Praxisgespräch“ soll die rekursive Wirkungsweise des Schulden-Journalismus reflektiert werden.
Ralph Bollmann ist Korrespondent für Wirtschaftspolitik der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“; Michael Freund, Soziologe und Publizist, ist Redakteur und Kolumnist beim „Standard“, Wien; Ulrike Herrmann, gelernte Bankkauffrau, ist Wirtschaftskorrespondentin der „taz – die tageszeitung“; Holger Zschäpitz ist leitender Wirtschaftsredakteur von „Welt“ und „Welt am Sonntag“.
SA | 8.12. 19.15 – 20 h ABSCHLUSSVORTRAG
Marcel Hénaff: „Kosmische, symbolische und finanzielle Schulden: Energiereserven, Ungleichgewichte, Leben und Zeitlichkeit“
Schulden – symbolische wie finanzielle – sind an ein Datum gebunden, an dem sie beglichen werden müssen: Das Gleichgewicht muss wiederhergestellt werden, die verlorene Energie erneuert, das bedrohte Leben muss sich erholen. Welche Auswirkungen haben diese menschlichen Schulden auf globale Schulden wie den Energiehaushalt, die Energiereserven? Gibt es eine metaphysische Vision? Eine religiöse? Und gibt es eine Schuld des Lebens? Solche Fragen treffen das Herzstück gegenwärtiger Ökonomien und entscheiden das Schicksal unserer Gesellschaften.
Marcel Hénaff, Philosoph und Ethnologe, ist Professor für Französische Literatur, Philosophie und Anthropologie an der University of California, San Diego. In der Tradition von Marcel Mauss lokalisiert er die Quelle des Sozialen im elementaren Austausch von Gabe und Gegengabe.
SA | 8.12., 20.30 h ABSCHLUSS
Thomas Macho & Irini Athanassakis
Thomas Macho, Projektleiter von „BONDS“, ist Professor für Kulturgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Irini Athanassakis, künstlerische Leiterin von „BONDS“, ist Künstlerin und freie Projektmacherin.
SA | 8.12. 21 h FINALE
Schulden Sound: Ein DJ-Dialog mit Detlef Diederichsen (Journalist & Musiker) und Peter Lau (Redakteur „brand eins“)